Der Selbstbeweis als Kernelement einer funktionierenden Wirtschaft
Was haben Hypotheken, die Ehe und ein geleastes Auto gemeinsam?
Sie alle starten mit einer Unterschrift. Ganz selbstverständlich greifen wir zum Kugelschreiber und setzen unseren Namenszug aufs Papier. Unsere Unterschrift bestätigt den Inhalt in Form einer schriftlichen Repräsentation der eigenen Person. Im Streitfall soll ein Graphologe diese Unterschrift mir – und nur mir – zuordnen können.
Was so einfach und selbstverständlich wirkt, ist ein komplexes und wirtschaftlich hochrelevantes System. Identitätsnachweise oder Selbstbeweise ermöglichen Geschäftsverkehr über zeitliche oder räumliche Distanz. Nur dank ihnen können wir sicherstellen, dass das Gegenüber wirklich ist, wer es vorgibt zu sein, und für das Unterschriebene gerade steht.
Stammt das Schreiben wirklich von meinem Bankberater? Kann ich auch in 10 Jahren nachweisen, dass Herr Müller den Mietvertrag zu den aufgeführten Konditionen unterschrieben hat?
Nächster Halt: Science Fiction
Die Unterschrift existierte bereits im Mittelalter – nebst anderen Methoden des Selbstbeweises wie dem Siegel oder dem Monogramm. Im Gegensatz zu anderen mittelalterlichen Praktiken hat sich die Unterschrift bis heute gehalten.
Doch es zeichnet sich ein Wandel ab – der digitalisierte Geschäftsverkehr verlangt nach Selbstbeweisen, die ohne Papier und Kugelschreiber auskommen. Zukunftsorientierte Unternehmen stellen auf die elektronische Unterschrift um, die an elektronische IDs gekoppelt sind. Der Geschäftsverkehr soll einfacher und sicherer werden. Und das ist erst der Anfang des technologisch aufgerüsteten Selbstbeweises.
Die Forschung an neuen Technologien der Identifizierung und Authentifizierung ist hoch im Kurs und entwickelt sich rasant weiter. Zwei Beispiele: Eine Schweizer Firma experimentiert mit 3d-Venen-Scans als biometrischer Selbstbeweis, eine schwedische Firma implantiert Mikro-Chips unter die Haut, die Türen öffnen und Rechnungen bezahlen.
Unternehmen sind gefordert
Dieser rasante Wandel stellt Firmen vor Herausforderungen. Selbstbeweise und der dazugehörige regulatorische Rahmen werden vielschichtiger und technischer. Besonders gefordert sind HR, Legal, Einkauf und Verkauf, damit Unternehmen von den Chancen digitaler Vertragsprozesse profitieren können.
Ein Blick auf die grundlegende Funktionsweise des Selbstbeweises hilft, die entstandene Komplexität zu meistern. Hat man diese durchschaut, ist es um einiges einfacher, den Wandel zu verstehen und kompetente Entscheidungen zu treffen.
Vier Elemente des Selbstbeweises
Egal ob Monogramm, Venenstruktur oder Unterschrift: Ein funktionierender Selbstbeweis besteht immer aus vier Elementen:
- Dem Werkzeug, das den Selbstbeweis erbringt. Dieses steht idealerweise jedem zur Verfügung und ist einfach in der Anwendung (z.B. der Kugelschreiber).
- Dem Träger, an dem der Selbstbeweis angebracht wird. Dieser überdauert idealerweise die Zeit und ist transportierbar (z.B. Papier).
- Dem Boten, der den Selbstbeweis übermittelt. Dieser ist idealerweise vertrauensvoll und zuverlässig (z.B. die Post).
- Der Prüfinstanz, die im Zweifelsfall Aufschluss über Echtheit und Fälschung gibt. Diese ist idealerweise neutral und allgemein anerkannt (z.B. der Graphologe).
Um aktuelle Entwicklungen besser zu verstehen und Begriffe wie E-ID, E-Signatur oder Biometrie beseser zu verstehen, hilft die Einordnung in diese vier Elemente.
Ein Blick in die Vergangenheit und in die Zukunft
Verschaffen Sie sich zusätzliche Orientierung: Werfen Sie einen Blick in die Vergangenheit und die Zukunft des Selbstbeweises.
Dr. Joël Luc Cachelin, Gründer der Wissensfabrik und einer der führenden digitalen Vordenker im DACH-Raum, wagte einen Blick in die Vergangenheit. Er zeigt auf, welcher Tricks sich unsere Vorfahren bedienten, um sich selbst zu beweisen.
Weiter wagte er einen Blick in die Kristallkugel und machte sich Gedanken, wie sich der Selbstbeweis in einer von Augmented Reality, Avataren und digitalisierten Körpergerüchen geprägten Zukunft entwickeln könnte.